Inflation als Lösung?

Das Handelsblatt hat gerade einen Pro-Inflations-Artikel geschrieben. Die Argumentation: Wenn die Inflation höher ist, dann sinkt der reale Wert der Kredite und die Schuldner können wieder atmen. Stimmt. Aber wenn einer was gewinnt, dann verliert jemand anders.

Das Handelsblatt schreibt:

Die Welt ist offensichtlich überschuldet.

Halt. Gleich beim ersten Satz muss ich Einspruch erheben. Die Welt ist nicht überschuldet. Es gibt nur zu viele Leute, die auf einen immer währenden Wirtschaftsaufschwung spekuliert haben – und zwar nicht nur mit eigenem Geld sondern auch geliehenem. Als der Aufschwung zuende war, konnten sie die Kredite nicht mehr bedienen und sind überschuldet. Aber nicht die ganze Welt, sondern nur diese Spekulanten. Es gibt auch Leute, die kein geliehenes Geld zur Spekulation verwendet haben. Die gespart haben oder von nie genug Geld zum Sparen hatten oder gar soviel, dass die Bank ihnen einen Kredit geben würde.

Und je weiter die Weltwirtschaft schrumpft, desto weniger sind die Billionen an ausstehenden Schulden durch Werte gedeckt, weil viele Immobilien, Unternehmen, Privatpersonen und sogar ganze Staaten an Leistungsfähigkeit verlieren.

Stimmt. Wir halten aber fest, dass die Betroffenen ausschließlich aus der ersten Gruppe der Spekulanten kommen. Den anderen, die Gruppe der Sparer und Mittellosen, sind die sinkenden Preise willkommen. Ihr Lebensstandard steigt.

Wie soll diese Lücke jemals geschlossen werden?

Die Lücke schließt sich auf jeden Fall. Durch eine der drei aufgeführten Möglichkeiten. Die Frage soll doch nur Angst machen, dass es ewig so weiter gehen würde. Das die Krise lange dauert, haben wir doch nur der Politik zu verdanken, die Banken in ein künstliches Koma versetzt hat, statt die Möglichkeiten zur schnellen Wiederbelebung zu nutzen.

Es gibt drei Möglichkeiten: durch Abschreibungen der Kredite und entsprechende Verluste – das erleben wir gerade. Oder dadurch, dass die Wirtschaft auf einmal wieder anspringt und so toll läuft, dass die Kredite erneut werthaltig werden – davon träumen wir immer noch, aber inzwischen nur noch im Tiefschlaf. Die dritte Möglichkeit heißt: Inflation.

Möglichkeit eins erleben wir genau nicht. Der Staat gibt den Banken immer so viel neues Eigenkapital oder sonstige Hilfen, dass die Anleihenhalter die Anleihen nicht abschreiben müssen. Es wäre sehr hilfreich, wenn sie es tun würden. So wird den Anleihenhaltern Staatsgeld geschenkt.

Möglichkeit zwei werden wir nicht erleben. Und wenn, dann hätten die Schuldenspekulanten halt recht behalten und würden ihren (dann verdienten) Gewinn einfahren.

Möglichkeit drei, das erleben wir gerade. Den Spekulanten wird zunächst direkt mit inflationstreibendem Staatsgeld ausgeholfen und dann kommt die Inflation und befreit sie von den Restschulden.

Wenn Inflation die präferierte Lösung ist, dann gehe ich heute los und kaufe mir ein Haus, dass ich mir eigentlich nicht leisten sollte auf Kredit mit möglichst langer Zinsbindung. Dann warte ich bis die Inflation die Schulden aufgegessen hat und bin der stolzer Besitzer eines Eigenheims.

Moment mal. Eigentlich konnte ich mir das Heim ja nicht leisten. Wenn ich es also nun doch habe, dann hat jemand anderes etwas verloren. Wer ist klar: Der der sich nicht verschuldet hat. Also meine Lieblingskassiererin bei Plus hat mir das Heim finanziert, denn die bekommt keinen Kredit von der Bank, aber sie darf die inflationierten Preise bezahlen – von ihrem mickrigen Gehalt das natürlich nicht in gleichen Maße steigt wie das Geld entwertet wird.

Fazit: Inflation ist assozial. Das ist der Grund warum man dagegen sein soll. Es geht nicht um deutsche Ängste einer Hyperinflation. Es geht einfach nur darum, wer gewinnt und wer verliert. Die staatlich regulierte Inflationrate ist ein Umverteilungsmechanismus. Von Leuten ohne Schulden zu Leuten mit Schulden. In erster Näherung ist das von Arm zu Reich.

Update 04.03.2009:

Schön rein passt hier auch ein anderer Handelsblatt-Artikel. Die Einkommen sind für eine große Teile der deutschen Bevölkerung nicht bedroht. Rentner, Arbeitslose, Pensionäre, Staatsbedienstete, etc. haben nur ein geringes Risiko ihre Leistungen zu verlieren. Was der Autor übersieht ist, dass dies nur nominal gilt. Klar wird kein deutscher Politiker die Renten kürzen; gekürzt wird nur die Kaufkraft der Rente – über die Inflation.

Update 05.03.2009:

Schön, dass es auch noch Ökonomen gibt, die Inflation für etwas assoziales halten: Hans Wolfgang Brachinger hält die Geldpolitik der Zentralbanken für gefährlich, vor allem die der Fed.

2 Responses to Inflation als Lösung?

  1. willi sagt:

    Vielen Dank für den Hinweis auf die Inflation als „Lösung“ des Problems. Das ist wichtig. Die Tatsache, dass Inflation eben nicht nur die bequeme Entwertung von Schulden ist, sondern auch die Entwertung des Geldes (im Prinzip daselbe) und das vor allem die leiden, die nicht viel davon haben. Das in einem großen Teil der Medien die Inflation so positiv dargestellt wird zeigt einmal mehr, für wen er schreibt bzw. sendet.

  2. […] geht es also jetzt besser als vor der Krise. Kein Wunder, bei den Geldgeschenken. Oder wie ich mal schrieb: Die staatlich regulierte Inflationrate ist ein Umverteilungsmechanismus. Von Leuten ohne Schulden […]

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